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Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik (KWI-A), Karrieren der Institutsdirektoren und Mitarbeiter vor und nach 1945.

Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik (KWI-A), Karrieren der Institutsdirektoren und Mitarbeiter vor und nach 1945.

Das Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik (KWI-A) wurde 1927 in Berlin-Dahlem als Einrichtung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften gegründet und lieferte die wissenschaftliche Legitimation für die nationalsozialistische Rassenpolitik und war an zahlreichen NS-Staatsverbrechen beteiligt. Mit der Charité (Uniklinik Berlin) gab es eine rege Zusammenarbeit. Nach Kriegsende 1945 wurde das Institut nicht weitergeführt. Nur die in Berlin verbliebene Abteilung für experimentelle Erbpathologie wurde 1953 als Max-Planck-Institut für vergleichende Erbbiologie und Erbpathologie in die Max-Planck-Gesellschaft übernommen. Zahlreiche Wissenschaftler konnten ihre Karrieren in der Bundesrepublik Deutschland fortsetzen.
Im folgenden Lebensläufe von: Eugen Fischer, Otmar von Verschuer, Fritz Lenz, Hans Grebe, Ferdinand Claussen, Heinrich Schade, Hans Nachtsheim, Josef Mengele.

Eine Zusammenfassung von Judith Haman, Hamburg, Januar 2017

Eugen Fischer (1874 – 1967)
1927- 42 Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik in Berlin 
Beruflicher Werdegang
Studierte Medizin und Naturwissenschaften an der Uni Freiburg, promoviert 1898.

1900 habilitiert auf dem Gebiet der Anatomie und Anthropologie.
1908 Forschungsreise zum Studium von Rassenkreuzungen zu den Baster („Bastarde“) in Deutsch – Südwestafrika.
1910 Gründung der Ortsgruppe Freiburg der „Gesellschaft für Rassenhygiene“.
Ab 1912 a.o. Professor an der Universität Würzburg, ab 1914 in Freiburg a.B..
Zwischen 1918 und 1942 Lehrstuhl für Anthropologie an der Uni Freiburg und
Friedrich-Wilhelms-Uni Berlin.
1925 Kanarische Inseln Forschungsreise, Mitherausgeber von „Volk und Rasse“.
1927 – 1942 war er Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik in Berlin-Dahlem.
1933 – 34 Rektor der Berliner Universität.
1932 Vorsitzender der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte.
1937 Mitglied der preußischen Akademie der Wissenschaften.
1940 trat er der NSDAP bei, führendes Mitglied im NS-Dozentenbund.
1944 erhielt er den Adlerschild des Deutschen Reiches als höchstmögliche Auszeichnung in der Wissenschaft.

Politische Positionen
1933 sorgte Fischer als Rektor der Berliner Universität für die Entlassung vieler jüdischer Wissenschaftler. Er unterzeichnete am 4./5. März 1933 den Aufruf: „Die Berliner Hochschullehrer für Adolf Hitler“, unterstützte die Bücherverbrennung am 10.5.1933 als Redner neben Josef Goebbels. Führender Befürworter der Rassengesetze, setzte 1937 die (auch damals illegale) Zwangssterilisierung sog. „Rheinlandbastarde“ durch. Er war Richter am Erbgesundheitsgericht, Generalarzt für rassenbiologische Fragen der Reichsstelle für Sippenforschung und Ausbilder für Eignungsprüfer zur Eindeutschung polnischer Kinder. 1941 war er im Beirat der «Forschungsabteilung Judenfrage» in Walter Franks „Reichsinstitut für Geschichte des neuen Deutschland“.
1934 schrieb er in der badischen Zeitschrift Mein Heimatland, die Bekämpfung der Juden habe nicht das Ziel, „wirtschaftliche Gewinner, geistige Konkurrenz loszuwerden“, sondern es gehe um „die Rettung der Rasse, die das Deutschtum geschaffen (hat), und ihre Reinigung von Fremden, rassenmäßig anderem, das ihre geistige Entwicklung in andere Bahnen zu bringen drohte und teilweise gebracht hat. Viele persönlich hochachtbare Menschen werden hart und grausam getroffen. Ist das Opfer zu groß, wenn es gilt ein ganzes Volk zu retten?“

Auf der ersten Tagung der deutschen Anthropologen nach Kriegsende in Weinheim 1948 wurde er als Kopf des Faches hofiert. Die Deutsche Gesellschaft für Anthropologie ernannte ihn 1952 zum Ehrenmitglied. 1952 wurde er Ehrenmitglied der Gesellschaft für Konstitutionsforschung in Tübingen unter Ernst Kretschmer, 1954 Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Anatomie.
Nach dem Krieg lebte er erst in Sontra (Hessen) und dann in Freiburg im Breisgau.

Nach 1945
Am 10.11.1947 wurde er von der Spruchkammer in Rotenburg an der Fulda zum Mitläufer erklärt und zu einer Sühne von 300 Mark verurteilt. 1954 erkannte ihm Ministerpräsident Gebhard Müller die Rechtsstellung eines emeritierten Ordinarius der Uni Freiburg zu, das Land Baden-Württemberg zahlte die Ruhestandsbezüge. In den 60er Jahren setzte er sich mit Erfolg dafür ein, vier seiner belasteten Schüler auf den neun anthropologischen Lehrstühlen in den Universitäten der Bundesrepublik unterzubringen.
http://www.badische-heimat.de/heft/reprint/1999_3_fischer.pdf
https://de.wikipedia.org/wiki/Eugen_Fischer_(Mediziner)

Otmar von Verschuer  (1896 – 1969)
Beruflicher Werdegang
Medizinstudium in Marburg, Philipps-Universität, ab 1919. Organisierte sich im Studentenkorps Marburg von Bogislav von Selchow, teilte sein Studentenkorps dazu ein, öffentliche Gelder für die Putschisten (Kapp-Putsch) zu beschlagnahmen und in Marburg jüdische Banken zu besetzen.
Danach Uni Hamburg und dann München, wo er sein Studium beendete. Dann 1921/ 22 Gast an die Uni Freiburg, wo er seinen Mentor Eugen Fischer kennenlernte. Verschuer promovierte 1923 in München.
Danach 1923 Uni Tübingen als Assistent von Wilhelm Weitz, der ihm sein Spezialgebiet nahebrachte, seine erbbiologische Forschung mit Zwillingen.
1927 habilitierte er in Tübingen für menschliche Vererbungslehre mit der Schrift die vererbungsbiologische Zwillingsforschung.
1927 ging er an das Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik in Berlin (KWI-A), wo er Abteilungsleiter für menschliche Erblichkeitslehre tätig war.
Zusammen mit den beiden weiteren Direktoren des KWI-A für Anthropologie, Fischer und Hermann Muckermann, hielt er 1929/30 mehr als 200 Vorträge über Rassenhygiene.
1933 an der Uni Berlin ,wurde er nebenamtlicher außerordentlicher Prof. für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik.
1936 wurde er Richter am Erbgesundheitsgericht.
1935 – 1942 leitete er das Universitäts-Institut für Erbbiologie und Rassenhygiene Frankfurt/Main.
1936 Professor an der Uni Frankfurt.
Von 1936 – 38 war Gerhart Stein Doktorand bei Verschuer, er promovierte über Roma, die er vor allem im Zwangslager für „Zigeuner“ in Berlin-Marzahn untersuchte und arbeitete für die rassenhygienische Forschungsstelle.
Josef Mengele, der seit Januar 1937 zu Verschuers Institut gehörte, promovierte 1938 mit Sippenuntersuchungen bei der Lippen-Kiefer-Gaumenspalte.
Bereits 1936 gehörte Verschuer als Fachmann dem Beirat der Forschungsabteilung Judenfrage des Reichsinstituts für Geschichte des Neuen Deutschlands an.

Ab 1942 wird Otmar von Verschuer Nachfolger von Eugen Fischer als Direktor des KWI-A.
Mit Geldern der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) setzte Verschuer in Berlin auch Forschungsprojekte fort, die er in Frankfurt begonnen hatte. Er nutzte dabei das Ansehen des KWI und die Unterstützung durch den Reichsgesundheitsführer Leonardo Conti und Hitlers Begleitarzt Karl Brandt.
In seiner Berliner Zeit nutzte Verschuer über Mitarbeiter und ehemalige Institutsmitarbeiter direkt bzw. indirekt die Möglichkeiten des KZ Auschwitz für medizinische bzw. genetische Forschung. In seiner Untersuchung „Spezifische Eiweißkörper“ wurde die Blutreaktion auf Infektionskrankheiten erforscht. Mengele infizierte im KZ Auschwitz-Birkenau zu diesem Zweck Menschen „verschiedener geographischer Herkunft“ mit Krankheitserregern und sandte die Proben an Verschuer nach Berlin. Diese Forschung wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert, die Verschuer offen über den Ort der Forschung, das KZ Auschwitz, berichtete.

Im September 1939 wurden von Verschuers sechs Frankfurter Assistenten vier (Heinrich Schade, Hans Grebe, Kahler, Fromme) einberufen, Mengele wurde im August 1940 SS-Unterscharführer bei der Einwanderungszentrale in Lodz. Es verblieb nur noch seine Assistentin Eleonore Liebenam.
1943 wurde Verschuer Honorarprofessor in Berlin, wo er 1944 in den wissenschaftlichen Beirat des Generalkommissars für das Sanitäts- und Gesundheitswesen Karl Brandt aufgenommen wurde.
Auch Verschuers wissenschaftliche Mitarbeiterin Karin Magnussen kooperierte mit Mengele. Für ihre ebenfalls von der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften geförderte Forschung zur Iris-Heterochromie erhielt sie von Mengele die Augen ermordeter Auschwitz-Häftlinge.
Im Januar 1945 wurde Verschuer zum Vorsitzenden der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte gewählt, konnte sein Amt jedoch nicht mehr antreten.
Im Februar 1945 wurde das KWI-A nach Westdeutschland verlegt, zunächst nach Solz bei Bebra, später nach Frankfurt am Main.

Politische Positionen
In einer Rede in der Universität über „Rassenhygiene als Wissenschaft und Staatsaufgabe“ sagte Verschuer:„Der Staat Adolf Hitlers, der zum ersten Mal die Erb- und Rassenpflege wirksam zur Durchführung gebracht hat, ist also gleichzeitig ein Staat, der die Erziehung des Volkes wie kein anderer Staat stark in die Hand genommen hat“.
Als Herausgeber der Zeitschrift Der Erbarzt schrieb er im Januar 1940 im Leitartikel:„Die mit uns geführten vereinten Völker erkennen mehr und mehr, daß die Judenfrage eine Rassenfrage ist, und daß sie deshalb eine Lösung finden muß, wie sie von uns zunächst für Deutschland eingeleitet wurde.“
1940 trat Verschuer der NSDAP bei und wurde Mitherausgeber des Lehrbuchs Grundriß der menschlichen Erblichkeitslehre und Rassenhygiene, des sogenannten Baur/Fischer/Lenz. Verschuer war als Nachfolger von Eugen Fischer von Oktober 1942 bis 1948 Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik, außerdem Fachmann für Biologie der Forschungsabteilung Judenfrage des Amtes Rosenberg.
1941 war er geladener Gast bei der Eröffnung von Alfred Rosenbergs Institut zur Erforschung der Judenfrage, das als erste Einrichtung einer geplanten hohen Schule der NSDAP in Frankfurt am Main entstand. Ende 1942 wurde Verschuer in den Beirat der neu gegründeten Gesellschaft für Konstitutionsforschung berufen.

Nach 1945 wurde Verschuer von einer Spruchkammer in Frankfurt am Main im Rahmen der Entnazifizierung als „Mitläufer“ eingestuft und zu einer Buße von 600 RM verurteilt. Robert Havemann, kommissarischer Leiter der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, protestierte gegen diesen Vorgang. Verschuer gehörte 1949 zu den Gründern der Mainzer Akademie der Wissenschaften.
Ab 1951 war er Professor für Humangenetik und erster Lehrstuhlinhaber des neu gegründeten Instituts für Humangenetik an der Universität Münster, zeitweise auch Dekan der Medizinischen Fakultät 1965 wurde er emeritiert.

Neben seiner Lehrtätigkeit war Verschuer seit 1952 Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Anthropologie. Noch 1958 konnte Verschuer ungehindert rassenbiologische Ideen in einer „Untersuchung zum Vagantenproblem“ seines Fachkollegen Hermann Arnold verbreiten: „Sippenwandern“ und „Unstetigkeit“ halte den untersuchten Personenkreis „von geregelter Arbeit ab“, was eine „psychische Erbeigenschaft“ sei.

Im Jahr 1961 gehörte er zu den Gründern von The Mankind Quarterly von der International Association for the Advancement of Ethnology and Eugenics, Edinburgh.
Verschuer starb 1969 an den Folgen eines Autounfalls.
https://de.wikipedia.org/wiki/Otmar_von_Verschuer

Fritz Lenz (1887 – 1976)
Beruflicher Werdegang
1912 medizinisches Staatsexamen, 1919 Habilitation im Fach Hygiene, Uni München.
1921 veröffentlichte Fritz Lenz zusammen mit Eugen Fischer und Erwin Baur „das einflussreiche, von Hitler in der Festungshaft in Landsberg in „Mein Kampf“ eingearbeitete Standardwerk“ „Grundriss der menschlichen Erblichkeitslehre und Rassenhygiene“.
1923 wurde er auf den ersten Lehrstuhl für „Rassenhygiene“ in Deutschland an der Uni München berufen.
1931 forderte er, das untüchtigste Drittel der Bevölkerung zu sterilisieren.
1933 wurde er Direktor der Abteilung Eugenik am Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie
1937 Beitritt zur NSDAP
1939 Mitglied der American Eugenics Society
1940 Beteiligung an den Beratungen zu einem „Euthanasiegesetz“, das Gesetz war eine Initiative von Ärzten, die zeitgleich an den nationalsozialistischen Krankenmorden, der Aktion T4, beteiligt waren. Mitglied beim Nationalsozialistischen Deutschen Ärztebund.
1944 wissenschaftlicher Beirat des Generalkommissars für das Sanitäts- und Gesundheitswesen Karl Brandt.
Ab 1946 außerordentlicher Professor in Göttingen für menschliche Erblehre, ab 1952 ordentlicher Professor.
1949 wurde er in seinem Entnazifizierungsbescheid als „entlastet“ eingestuft. Er schrieb 1951 an Hans Nachtsheim: „Ich habe Sympathie auch für die Schimpansen und Gorillas, und es tut mir sehr leid, daß sie dem Aussterben entgegensehen …. Mir ist auch das Schicksal, das Millionen von Juden betroffen hat, sehr schmerzlich; aber das alles darf uns doch nicht bestimmen, biologische Fragen anders als rein sachlich zu betrachten“.
1955 Pensionierung.     1961 nachträgliche Emeritierung.

Politische Positionen
Mit Lenz erhielt die Rassenhygiene eine politische Dimension eindeutig nationalsozialistischer Prägung. Bereits 1931 setzte Lenz den Nationalsozialismus mit „angewandter Biologie“ gleich. Die Affinität von Lenz zu proto-nationalsozialistischen Vorstellungen entwickelte sich sehr früh und in Zusammenhang mit seinen Tätigkeiten für die „Deutsche Gesellschaft für Rassenhygiene“. So engagierte er sich in dem von Alfred Ploetz 1907 innerhalb der Gesellschaft gegründeten Geheimorganisation „Ring der Norda“, welche als Ziel eine „Verbesserung der Nordischen Rasse“ anstrebte. Lenz untersuchte mit besonderem Interesse die Gebiete der Vererbung menschlicher Krankheiten sowie Fragen der Gesundhaltung des menschlichen Erbgutes. Die Ergebnisse publizierte er 1921 und 1932 zusammen mit Erwin Baur und Eugen Fischer in seinem zweibändigen Hauptwerk: Menschliche Erblichkeitslehre und Rassenhygiene. Band I des Werkes erschien in der vierten Auflage, 1936, unter dem Titel Menschliche Erblehre. Es wurde das Standardwerk der Rassenhygiene und menschlichen Erblehre und wurde kurz BFL oder Baur-Fischer-Lenz genannt. So formulierte Lenz 1936 in Bezug auf die Juden im Baur-Fischer-Lenz Band I beispielsweise: „Ein Lebewesen gedeiht besser ohne Parasiten.“ Der Baur-Fischer-Lenz blieb bis in die 1970er Jahre Prüfungsliteratur.
https://de.wikipedia.org/wiki/Fritz_Lenz

Hans Grebe (1913 – 1999)
Internist, „Rassenhygieniker“
1931 Studium Medizin und Sport  in Berlin, Eintritt NS-Studentenbund
1933 Eintritt NSDAP
1933 Wehrsportführer der medizinischen Fakultät der Uni Frankfurt
1935 Staatsexamen Medizin
1937 Assistent bei Verschuer am Institut für Erbbiologie und Rassenhygiene der Uni Frankfurt
1942 wieder Assistent bei Verschuer am KWI -A in Berlin und Dozent für Rassenhygiene
Hat möglicherweise an Präparaten geforscht, die sein ehemaliger Kollege Josef Mengele aus dem KZ Auschwitz schickte, so gingen z.B. Präparate Zwergwüchsiger aus dem KZ Auschwitz an das KWI-A.
1944 Lehrstuhl für Erbbiologie und Rassenhygiene an der Uni Rostock.,
1944/45 wurde er hier Gaudozentenführer.

Nach 1945, praktischer Arzt in Frankenberg (Hessen).
1948 Im Entnazifizierungsverfahren wurde er als entlastet eingestuft.
1952-72 Lehrauftrag für Humangenetik an der Uni Marburg.
1949 Mitbegründer des Sportärzteverbandes Hessen.
1954-74 Erster Vorsitzender des Sportärzteverbandes Hessen.
1955 Mitglied im „Weltrat für Sport und Leibeserziehung“ der UNESCO.
1958-76 Präsident der Ärztekommission des deutschen Amateur-Box-Verbandes.
Ab 1970 im Aufsichtsrat des Herz- und Kreislaufzentrums Rotenburg an der Fulda.
Ab 1983 nur noch Schriftsteller, Mitglied im Bundesverband Dt. Schriftstellerärzte. Veröffentlichte 75 belletristische Bücher.
1990 Landrat-Heinrich-Kohl-Preis der FDP
https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Grebe

Ferdinand Claussen (1899 – 1971)
Mediziner, Rassenhygieniker und Hochschullehrer
Studium der Medizin an den Unis Hamburg, Müchen, Leipzig, Kiel
1931 Mitglied der NSDAP, SA, NSDÄB
1935 Oberarzt unter Otmar Freiherr von Verschuer am Institut für erbbiologische Forschung und zusätzlich Dozent der Fächer innere Medizin, Erbbiologie u. Rassenhygiene
1939 Prof. für Erbbiologie Uni Köln, Direktor des dortigen Instituts für Erbbiologie und Rassenhygiene.
„Die Erbbiologie läßt an der Völkergeschichte die ungeheure Bedeutung der Rassenmischung erkennen. Sie liegt noch besonders, wie unser Volk erfahren hat, in der Existenz des jüdischen Volkes, dessen Lebensform ein wurzelloses Parasitentum ist.“ – Ferdinand Claussen im Frühjahr 1940 während der Institutseinweihung
1948-64 leitete er die innere Abteilung des Krankenhauses Waldbröl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ferdinand_Claussen

Heinrich Schade  (1907 – 1989)
Mediziner, Humangenetiker und Hochschullehrer
Medizinstudium in München, Bonn, Kiel
1932 promoviert in Kiel, Medizinassistent in München und Königsberg
1931 NSDAP und SA, dann SS,
1944 SS-Sturmbannführer
1934/35 Absolvent des ersten rassehygienischen Lehrgang am KWI für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik (KWI-A)
1939 Assistent bei Verschuer und Oberarzt am Institut für Erbbiologie und Rassenhygiene.
Gutachter für Zwangssterilisierungen sog. „Rheinlandbastarde“.
Habilitation und Dozent für „Erbbiologie und Rassenhygiene“ an der Uni Frankfurt.
1942 Oberarzt unter Verschuer am KWI-A, Forschungsauftrag mit Auswertungsarbeiten,
Gutachter für das „Reichssippenamt“. Jugoslawische Kriegsgefangenschaft

1950 freiberuflich tätig für die Erstellung von Vaterschaftsgutachten bei der deutschen Gesellschaft für Anthropologie.
1952 Lehrbeauftragter an der Uni Münster bei Verschuer.
1954 außerplanmäßiger Prof. für Humangenetik an der Uni Münster.
1965 – 74 leitete er das Institut für Humangenetik und Anthropologie an der Uni Düsseldorf
1966 wurde er dort ordentlicher Professor.
Schade war Autor zahlreicher Publikationen, darunter das 1974 erschienene Werk Völkerflut und Völkerschwund. Zudem gehörte er der deutschen Akademie für Bevölkerungswissenschaft an.
https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Schade

Hans Nachtsheim  (1890-1979)
Zoologe und Genetiker
Er war als Professor für Genetik vor dem Zweiten Weltkrieg an Berliner Universitäten und am Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie tätig sowie nach dem Krieg bis 1948 an der Berliner Universität, dann an der FU Berlin und in der Max-Planck-Gesellschaft.
Von 1941 bis 1945 war Nachtsheim Leiter der Abteilung für experimentelle Erbpathologie am Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik (KWI-A), dessen kommissarischer Direktor er 1943 wurde. 1944 wurde er wissenschaftliches Mitglied der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (später Max-Planck-Gesellschaft). Nachtsheim führte 1944 im Auftrag des Reichsforschungsrats Untersuchungen zur „vergleichenden und experimentellen Erbpathologie“ durch, wobei es zunächst um die Prüfung des Einflusses von Unterdruck bzw. Sauerstoffmangel auf die Auslösung eines epileptischen Anfalls bei epileptischen und nicht-epileptischen Kaninchen ging. Er „[b]enutzte 1943 sechs epilepsiekranke Kinder aus der vom Reichsausschuß-Gutachter Hans Heinze geleiteten Provinzial Heil- und Pflegeanstalt Brandenburg-Görden für ein Unterdruck-Experiment“. Er hatte mittelbar Verbindung zu Menschenversuchen im Bereich der Tuberkuloseforschung und zu Forschungen an Augen von in Auschwitz ermordeten Menschen.

Als eines von zwei Mitgliedern des KWI-A, die „mit Sicherheit keine Verbindung zur NSDAP“ hatten, konnte Hans Nachtsheim eine wichtige Figur im Aufbau der Genetik in der Bundesrepublik werden. Von 1946 bis 1949 war er Professor für Genetik und Direktor des Instituts für Genetik der Humboldt-Universität Berlin.

1949 wurde Nachtsheim auf einen Lehrstuhl für Allgemeine Biologie an der FU-Berlin berufen und gehörte dort zu den Gründern des Instituts für Genetik, welches er bis zu seiner Emeritierung als Professor 1955 leitete. Gleichzeitig war er Direktor am Institut für vergleichende Erbbiologie und Erbpathologie der Deutschen Forschungshochschule, das nach dem Krieg aus Nachtsheims Abteilung am KWI-A hervorgegangen war und welches 1953 der Max-Planck-Gesellschaft angegliedert wurde. Dieses Institut für vergleichende Erbbiologie und Erbpathologie der Max-Planck-Gesellschaft leitete er von 1953 bis 1960. Da im Nürnberger Ärzteprozess die luftfahrtmedizinische Forschung (und damit auch die Unterdruckversuche, an denen Nachtsheim beteiligt war) einer genauen Prüfung und auch der Verurteilung entging, wurde Nachtsheim nie für seine Forschungstätigkeit in der NS-Zeit zur Rechenschaft gezogen.
Nachtsheim war Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes.
https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Nachtsheim

Josef Mengele (16. März 1911 – 7. Februar 1979)
1911 geboren am 16. März in Günzburg/Donau als ältester Sohn von Karl Mengele, Inhaber eines Landmaschinenbetriebs, katholisch-konservative, deutschnationale Erziehung.
1930 – 1936 Medizin Studium in München, Bonn und Wien.
1935 Erste Promotion “Rassenbiologische Untersuchung des vorderen Unterkieferabschnittes bei vier rassischen Gruppen”.
Ab 1937 Assistent bei Prof. von Verschuer am Institut für Erbbiologie und Rassenhygiene in Frankfurt a.M..
1937 Eintritt in die NSDAP.
1938 Zweite Promotion (Dr. phil) “Sippenuntersuchungen bei Lippen-Kiefer-Gaumenspalte” und Eintritt in die SS.
1939 Mengele meldet sich freiwillig zur Waffen-SS.
1942 Im Januar als Truppenarzt der SS-Division “Wiking”.
Mai 1943 Rückkehr wegen Verwundung.
Mai 1943 bis Januar 1945 als Lagerarzt im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz eingesetzt. In dieser Funktion nahm er Selektionen vor, überwachte die Vergasung der Opfer und führte menschenverachtende medizinische Experimente an Häftlingen durch. Er sammelte Material und betrieb Studien zur Zwillingsforschung, zu Wachstumsanomalien, zu Methoden der Unfruchtbarmachung von Menschen und Transplantation von Knochenmark sowie zur Therapie von Fleckfieber und Malaria.
Aufenthalt in Auschwitz eine „geplante Aktion in Abstimmung mit seinem akademischen Vorgesetzten Prof. von Verschuer“.

Verschuer-These:
Eiweißstoffen des Gewebes und Blutes enthalten Rassemerkmale. Entwicklung eines Bluttest zur Bestimmung menschlicher Rassenzugehörigkeit mittels Vererbung „spezifischer Eiweißkörper“. Zur „Feststellung der Rassenspezifität von Eiweißstoffen“ und Nachweis der vermuteten „Abwehrfermente“ infiziert Mengele Zwillinge mit Tuberkulose und Flecktyphus und nimmt Blutproben. (Daraus in Dahlem Herstellung von Plasma-Substrat Injektion an Kaninchen)

„Kennwort: Spezifische Eiweißkörper“.
„Als Mitarbeiter in diesem Forschungszweig ist mein Assistent Dr.med. et Dr. phil. Mengele eingetreten. Er ist als Hauptsturmführer und Lagerarzt im Konzentrationslager Auschwitz eingesetzt. Mit Genehmigung des Reichsführers SS werden anthropologische Untersuchungen an den verschiedensten Rassengruppen dieses Konzentrationslagers durchgeführt und die Blutproben zur Bearbeitung an mein Laboratorium geschickt“. Prof. von Verschuer in einem Bericht vom 20. 3. 1944 an die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG.

„Mengele ist nicht aus Mordlust in Auschwitz, sondern als Genetiker. Als Forscher des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik. Sein Vorgesetzter Verschuer ist der berühmteste Zwillingsforscher seiner Zeit. Auschwitz ist das ideale Experimentierfeld. Nirgends ist der Zugriff auf menschliche Meerschweinchen leichter, nirgends stehen mehr Menschenobjekte zur Verfügung“.  Ernst Klee, Auschwitz, Die NS-Medizin und ihre Opfer, S.Fischer Verlag, 1997. S. 488.

Eduard Wirths, Mengeles Vorgesetzter in Auschwitz: „Hier bot sich ihm die einmalige Chance, die empirische Grundlage für Jahre, wenn nicht Jahrzehnte der wissenschaftlichen Arbeit und einer großen Universitätskarriere zu legen, und Mengele war entschlossen, sie zu nutzen“. Mengele habe „eifrigst die kurze ihm verbliebene dienstfreie Zeit dazu benützt, sich weiterzubilden [und] in seiner Arbeit unter Auswertung des ihm auf Grund seiner Dienststellung zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Materials der anthropologischen Wissenschaft einen wertvollen Beitrag geliefert“. Ulrich Völklein, Josef Mengele – der Arzt von Auschwitz. Steidl, Göttingen 1999

Mengele war gut in die scientific community eingebunden, seit 1937 Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Rassenforschung, Teilnahme an jährlichen Treffen.

Über Verschuer erhielt Mengele Einladungen zu internationalen wissenschaftlichen Tagungen. Als einer von 32 deutschen Wissenschaftlern Teilnehmer am Internationalen Kongress für Anthropologie und Ethnologie in Kopenhagen. 

Nach der NS-Zeit: Flucht nach Südamerika, erst am 25. Februar 1959 erlässt die Staatsanwaltschaft Freiburg im Breisgau, welche die Ermittlungen übernommen hatte, Haftbefehl. Aberkennung beider Doktorgrade 1960 bzw. 1961, Unterstützung durch Verwandtschaft und „Odessa” (Organisation der ehemaligen/entlassenen SS-Angehörigen) und Angehörige des Vatikans. Ab 1973 meist gesuchtester NS-Verbrecher, schwache Ergreifungsbemühungen, Ermittlungspannen und Standortwechsel Mengeles führen zu keiner Festnahme, Mengele erleidet am 7. Februar 1979 während eines Badeurlaubs in Brasilien einen Schlaganfall und stirbt. Eine DNA-Analyse seiner Gebeine räumt 1992 letzte Zweifel aus.
https://de.wikipedia.org/wiki/Josef_Mengele
https://epidemiologie.charite.de/institut/geschichte/sozialmedizin_1920_bis_1945/
http://www.mpiwg-berlin.mpg.de/KWG/Ergebnisse/Ergebnisse3.pdf
https://psy-ccm.charite.de/fileadmin/user_upload/microsites/m_cc15/psy-ccm/ns_zeit.pdf

Rassenkunde“,fußt auf den Gedankengängen von Arthur de Gobineau und Houston Stewart Chamberlain aus dem 19. Jahrhundert. Systematisch wurde sie von den Nationalsozialisten zu einer „Wissenschaft“ ausgebaut und Institute sowie Lehrstühle eingerichtet, etwa in Berlin, Königsberg, Greiswald, Frankfurt/M. und Jena. In Köln bestand ab 1940 das „Institut für Erbbiologie und Rassenhygiene” unter Prof. Ferdinand Claussen. Rassenkunde war ab 1926 Gegenstand in den Fachzeitschriften „Volk und Rasse”, ab 1933 in „Neues Volk” und ab 1935 in „Zeitschrift für Rassenkunde”. Ferner erschien ab 1934 „Der Erbarzt” als Beilage zum „Deutschen Ärzteblatt“. In der Schule wurde Rassenkunde zum „Unterrichtsprinzip” erhoben, im Fach Biologie wurde sie in die Unterrichtspraxis übernommen. Angestrebt wurde die „Reinrassigkeit” des Deutschen Volkes sowie seine „Erbgesundheit”. Damit bereitete sie Zwangsmaßnahmen gegen „Erbkranke”, „Minderwertige” und „Gemeinschaftsunfähige” vor. Führende Vertreter waren Eugen Fischer, Fritz Lenz und Hans F. K. Günther, dessen Buch „Rassenkunde des Deutschen Volkes” (1922) in zahlreichen Auflagen erschien.

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